Alles im Blick: Chatte mit deinen Business Daten

Künstliche Intelligenz und digitale Assistenten sind längst im Arbeitsalltag angekommen. Doch viele Unternehmen stehen noch immer vor der Frage: Bringen Chatbots wirklich einen konkreten Mehrwert – oder sind sie nur ein technisches Spielzeug? Die Antwort hängt stark vom Anwendungsfall, der Datenbasis und der Einbettung in bestehende Prozesse ab. Wir werfen einen Blick auf praxiserprobte Use Cases und zeigen, wo KI echten Nutzen stiftet – und wo klassische Tools besser geeignet sind.
ChatGPT, Copilot & Co: Was steckt eigentlich dahinter?
Der Startschuss für die aktuelle KI-Welle fiel im November 2022 mit der Veröffentlichung von ChatGPT 3.5 durch OpenAI. Seitdem hat sich die Software zur am schnellsten wachsenden Anwendung aller Zeiten entwickelt – mit über 100 Millionen Nutzern innerhalb weniger Wochen. ChatGPT basiert auf sogenannten Generative Pretrained Transformer (GPT)-Modellen, die mithilfe öffentlich verfügbarer Daten trainiert wurden.
Durch die Kombination mit einer einfachen Chat-Oberfläche ist es möglich, Inhalte zu erstellen, Fragen zu beantworten oder Inspirationen zu sammeln – auch unterwegs per Spracheingabe. Doch wie sieht es mit der Nutzung im Unternehmen aus?
KI-gestützte Chatbots sind nicht neu – doch mit Large Language Models wie GPT-4 haben sie eine neue Qualität erreicht. Sie verstehen natürliche Sprache, generieren kontextbasierte Antworten und lassen sich vielseitig einsetzen.
Im Unternehmensumfeld ist jedoch entscheidend: Erst die Anbindung an relevante Systeme wie ERP, CRM oder HR macht KI wirklich wertvoll. Denn nur wenn auf strukturierte, unternehmensspezifische Daten zugegriffen werden kann, entstehen echte Mehrwerte – etwa durch automatisierte Prozesse, personalisierte Auswertungen oder effiziente Unterstützung im Tagesgeschäft.
Der Microsoft 365 Copilot basiert technisch auf den GPT-Modellen von OpenAI, greift aber ausschließlich auf Daten aus dem eigenen Microsoft Tenant zu – also auf Outlook, Word, Excel, Teams, SharePoint oder Power BI.
Die Vorteile:Â
- Keine Datenweitergabe an OpenAI oder andere KundenÂ
- Kein Einsatz der Inhalte fĂĽr ModelltrainingÂ
- Strenge Zugriffskontrolle und RechtekonzepteÂ
Damit lassen sich Businessdaten sicher und effizient nutzen – ob für das Erstellen von Präsentationen, das Schreiben von E-Mails oder das Zusammenfassen von Besprechungen. Über das Copilot Studio können Unternehmen sogar eigene Agenten aufbauen, die zum Beispiel auch mit SAP oder eigenen Datenquellen verbunden sind – ohne zusätzliche Exporte.
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SAP Joule ist Bestandteil der SAP Business AI und fungiert als generativer Chat- Assistent, der ähnlich wie der Microsoft Copilot arbeitet, um Fragen und Aktionen auf Datenbasis SAP auszuführen.
In vielen Unternehmen kreisen alltägliche Anfragen rund um immer wiederkehrende Themen. Etwa im HR-Bereich: „Wie beantrage ich Urlaub?“, „Was muss ich bei Elternzeit beachten?“ oder „Welche Benefits bietet das Unternehmen?“ – Fragen wie diese machen einen Großteil der HR-Kommunikation aus. Ein HR-Chatbot kann hier als First Level Support einspringen: Er gibt schnell Antworten, verweist auf relevante Dokumente und entlastet das Personalteam spürbar. Auch bei IT-Anfragen (z. B. Ticketübersicht, Passwort-Richtlinien, Gerätewechsel) lässt sich der Support automatisieren – mit Anbindung an bestehende Systeme.
Gerade im Vertrieb zeigen sich die Vorteile von Chatbots. Ein Vertriebsmitarbeiter telefoniert mit einem Kunden, wird nach einer technischen Spezifikation gefragt – und ruft die Information direkt per Chatbot ab. Kein Wechsel in andere Systeme, keine Suche in Dokumenten – der Bot liefert die Daten direkt in Echtzeit.
Noch weiter geht der Einsatz im Service: Ein Techniker steht beim Kunden vor einer Maschine mit einer Fehlermeldung. Der Service-Bot liefert ihm mögliche Ursachen, Lösungsvorschläge und sogar Hinweise, welche Kollegen ähnliche Fälle erfolgreich gelöst haben. Im Idealfall funktioniert das sprachgesteuert – ganz ohne Tastatur oder Maus.
Ein weiterer besonders spannender Use Case aus dem Bereich Vertrieb ist der “Leadenricher” – also die Anreicherung von Leads: Statt manuell Informationen zu recherchieren (z. B. ob ein Unternehmen SAP einsetzt), ĂĽbernimmt ein Agent diese Aufgabe. Er durchsucht Karriereseiten, LinkedIn-Profile, Blogartikel oder Partnerreferenzen und liefert strukturierte Antworten – etwa ob ein potenzieller Kunde in die Zielgruppe passt. Im zweiten Schritt lassen sich diese Informationen sogar automatisiert ins CRM ĂĽberfĂĽhren.
Gerade in der Business-Development-Phase kann das bis zu zwei Stunden pro Lead sparen – Zeit, die in persönliche Gespräche oder individuelle Angebote investiert werden kann. Das Ziel ist klar: Prozesse verschlanken, Zeit sparen, Qualität erhöhen.
Trotz aller Begeisterung: Nicht jeder Anwendungsfall eignet sich fĂĽr einen Chatbot. Die Frage „Zeige mir meine Top 10 Opportunities, sortiert nach Projektvolumen“ lässt sich meist schneller ĂĽber ein klassisches Dashboard oder Reporting beantworten. Die Stärke von Chatbots liegt in der kontextbezogenen Informationsabfrage, nicht in komplexen Auswertungen.Â
Die richtige Frage lautet also nicht „Wie setzen wir KI ein?“ – sondern: „Wie können wir Prozesse so gestalten, dass ein Bot sinnvoll unterstützen kann?“ Und manchmal ist die beste Lösung eben keine KI, sondern ein durchdachter Prozess oder ein sauberes System.
Die Diskussion über Chatbots sollte nicht bei Technologie beginnen, sondern bei Prozessen. Nur wer den konkreten Bedarf im Unternehmen kennt, kann sinnvolle Lösungen entwickeln. Gute Bots arbeiten mit bestehenden Daten, sind gezielt trainiert – und schaffen messbaren Mehrwert. Ob im HR, Service, Vertrieb oder Marketing: Die Transformation von reaktiver zu proaktiver KI beginnt mit dem richtigen Anwendungsfall – und mit der Bereitschaft, Prozesse zu hinterfragen und neu zu denken.
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